Sparen, aber ohne zu verzichten – so lässt sich das aktuelle Konsumklima in Deutschland in einem Satz beschreiben. In einem wirtschaftlich angespannten Umfeld achten viele Konsumentinnen und Konsumenten noch genauer auf den Preis als in der Vergangenheit. Gleichzeitig wollen sie keine Abstriche bei Qualität, Nachhaltigkeit oder Komfort machen. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Sparverhalten und Anspruch skizzieren die Marktforscherinnen und Marktforscher von Kantar und Google in ihrer gemeinsamen Studie „Personalization in German Retail 2025“. Ihre These: Der Handel steht vor einer neuen Erwartungshaltung, die sich mit reinen Preisnachlässen nicht bedienen lässt.
Für die Studie kombinierten die Marktforscher:innen qualitative und quantitative Module: Zunächst ermöglichten Tiefeninterviews mit Konsument:innen, Händler:innen und Expert:innen tiefgehende Einblicke in die Personalisierung im Einzelhandel aus Verbraucher-, Händler- und Marktperspektive. Anschließend wurden die Erkenntnisse durch eine repräsentative Befragung von 2.035 Konsument:innen und 136 Händlern in fünf Produktkategorien quantifiziert. So entstand ein umfassendes Bild, wie Personalisierung heute wahrgenommen und umgesetzt wird.
In den qualitativen Interviews zeigte sich deutlich: Preisbewusstsein bedeutet heute nicht automatisch Schnäppchenjagd. „Eigentlich geht es mir natürlich vor allem darum, wie ich die Klamotten finde. Also, ich bin einfach mit dem Produkt zufrieden – Preis-Leistungs-mäßig“, sagte eine Teilnehmerin. Ein anderer ergänzte: „Diese mittlere Preiskategorie kauft nicht das günstigste und nicht das teuerste, aber Hauptsache, gute Qualität – das finde ich schon sehr nützlich.“ Und jemand aus dem Elektronikbereich formulierte es so: „Ich kaufe Apple-Produkte, weil ich mit dem gesamten Ökosystem, der Software und dem Support sehr zufrieden bin. Ich kaufe sie gebraucht, aber wegen der Qualität.“
Diese Stimmen zeigen: Entscheidend ist nicht der Preis allein, sondern der wahrgenommene Wert. Marken, die Qualität, Vertrauen und Relevanz bieten, differenzieren sich klar vom Wettbewerb. Das zeigen auch Zahlen von Kantar: Demnach gehören Händler, die ein ausgewogenes Verhältnis aus Preis, Qualität und Service bieten, überproportional häufig zu den wachstumsstärksten Unternehmen.1
Der unterschätzte Hebel in der Wertgleichung ist Personalisierung
Wenn der Preis nur noch ein Hygienefaktor ist, müssen sich Händler anders vom Wettbewerb abheben. Doch wie? Um das herauszufinden, haben wir über 40 potenzielle Differenzierungsmerkmale untersucht – von Preis über Sortiment bis zu Kundenservice und Markenvertrauen. Wir wollten wissen: Welcher dieser Hebel hat den größten Einfluss darauf, dass Kundinnen und Kunden sagen: Dieser Händler ist anders als die anderen?
Die Ergebnisse überraschen: Nicht der Preis oder Aktionen sind der stärkste Treiber für Differenzierung, sondern Personalisierung. Ein Drittel der Kundinnen und Kunden empfinden einen Händler dann als wirklich einzigartig, wenn sie sich persönlich angesprochen und verstanden fühlen. Oder wie es eine 63-jährige Konsumentin formuliert: „Es ist ein großartiges Gefühl, ein Angebot zu bekommen, das ich selbst nicht gefunden hätte. Das macht mich richtig glücklich.“
Weitere interessante Ergebnisse:
- Personalisierung ist in der Bewertung für die Händlerwahrnehmung im Hinblick auf Differenzierung mit 32 Prozent wichtiger als Markenvertrauen (22 Prozent) und klassische Markenversprechen wie Produktqualität, Angebotsvielfalt und Transparenz (18 Prozent).
- Mit 24 Prozent erweist sich Personalisierung auch als besonders relevanter Hebel für Spaß beim Einkaufen.
Was gute Personalisierung ist, bewerten Kund:innen anders als Händler
Doch wie gelingt die personalisierte Kundenansprache heute schon in der Praxis? Ein Blick in die Realität zeigt: Nur 17 Prozent der deutschen Händler weisen eine relative Stärke bei der Personalisierung auf. Dieser Fakt unterstreicht die Dringlichkeit und das enorme Potenzial für über 80 Prozent des Marktes.
Und das, was es heute schon an personalisierten Angeboten gibt, trifft häufig nicht den Kern dessen, was Konsumentinnen und Konsumenten wirklich wollen. Hier zeigt die Studie eine deutliche Wahrnehmungslücke zwischen Händlern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern:
- Während 89 Prozent der Retailer Rabatte per App für hilfreich halten, sind es bei den Konsumentinnen und Konsumenten nur 60 Prozent.
- Empfehlungen für Produkte oder passende Ergänzungen zu einem gerade gekauften Artikel halten 84 Prozent der Händler für sinnvoll, aber nur 49 Prozent der Käuferinnen und Käufer.
Eine Konsumentin brachte das Dilemma in der Befragung auf den Punkt: „Ich habe die App“, sagte sie. „Aber ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was sie macht. Ich glaube, es gibt Rabatte. Vielleicht. Aber ich hab nie was bekommen.“
Anstatt Personalisierung mit kurzfristigen Push-Maßnahmen gleichzusetzen, sollte sich Personalisierung für die Kundinnen und Kunden eher wie ein Besuch im Laden um die Ecke anfühlen, wo man sie persönlich kennt, sie bestmöglich persönlich bedient und ihnen den Einkauf so einfach wie möglich macht. Ein Händler fasste diese Experience treffend in einem Satz zusammen: „Für uns bedeutet Personalisierung ein echtes Tante-Emma-Gefühl – Kund:innen sollen sich wahrgenommen fühlen und durch personalisierte Kommunikation bestmöglich betreut werden.“
Fragt man die Kundinnen und Kunden selbst nach ihren Erwartungen an Personalisierung, zeigt sich: Für die meisten steht der praktische Nutzen im Vordergrund.
- 26 Prozent wünschen sich, dass Händler ihre Zeit respektieren und ihnen helfen, schneller das Richtige zu finden.
- Weitere 26 Prozent schätzen es, wenn sie durch personalisierte Empfehlungen überrascht werden und Neues entdecken.
- 20 Prozent möchten vor allem Geld sparen und von relevanten Angeboten sowie personalisierten Rabatten profitieren.
Im Klartext heißt das: Erfolgreiche Personalisierung bedeutet nicht, lauter zu werden – sondern hilfreicher: Sie schafft Relevanz, spart Zeit und macht das Einkaufen einfacher.
Vom Anbieter zum Kurator
Zudem zeigt die Studie, dass fast drei Viertel (73 Prozent) der Konsumentinnen und Konsumenten eine Personalisierung basierend auf Kontext und aktuellem Verhalten bevorzugen, während nur 27 Prozent persönliche Daten wie Alter oder Geschlecht als dafür geeignet empfinden. Nur dann entsteht echte Hilfe statt übergriffiger Ansprache, wie sie eine Studienteilnehmerin erlebte: „Seit ich 50 bin, bekomme ich Werbung für Inkontinenzprodukte“, sagte sie im Interview. „Das ist reine Verschwendung von Budget – und meiner Zeit.“
Es ist also an der Zeit, die alten Regeln oder das Bauchgefühl über Bord zu werfen, auf deren Basis Händler die Kund:innenansprache bislang personalisierten. Künstliche Intelligenz hilft dabei: Sie schlägt die Brücke zwischen dem, was Konsumentinnen und Konsumenten erwarten – relevante, hilfreiche und respektvolle Angebote –, und dem, was Händler leisten müssen: effiziente Skalierung, datengetriebene Entscheidungen und Datenschutz. KI erkennt Muster, interpretiert Signale im richtigen Kontext und generiert daraus relevante Inhalte – in Echtzeit und über alle Kanäle hinweg.
So unterstützt künstliche Intelligenz Marketer auch dabei, ihre Zielgruppen auf ihrer immer komplexer werdenden Customer Journey zu begleiten. Denn wie treffen Kundinnen und Kunden von heute ihre Kaufentscheidungen? Indem sie im Web suchen, scrollen, streamen oder shoppen. Wir nennen das 4S-Verhalten.
Tools wie Performance Max, Google Analytics 4, Consent Mode und Enhanced Conversions wurden entwickelt, um genau dieses 4S-Verhalten zu begleiten:
- Performance Max analysiert in Echtzeit, über welche Kanäle und Anzeigenvarianten Nutzerinnen und Nutzer am ehesten konvertieren – und steuern das Budget automatisch dorthin.
- Consent Mode ermöglicht es, Conversions auch ohne Cookie-Einwilligung datenschutzkonform zu erfassen, indem fehlende Signale modelliert und aggregiert ausgewertet werden.
- Google Analytics 4 misst Interaktion wie Scrolls, Klicks oder Käufe und verbindet sie zu einer konsistenten Nutzerreise. So entsteht ein präzises, plattformübergreifendes Bild des tatsächlichen Verhaltens und Marketingentscheidungen lassen sich datenbasiert treffen.
- Enhanced Conversions gleichen First-Party-Daten wie E-Mail-Adressen oder Telefonnummern verschlüsselt mit Google-Daten ab, um Conversions präziser zuzuordnen und Kampagnen besser zu bewerten.
So werden Händler zu smarten Kuratoren, die den Einkauf mit relevanten Empfehlungen begleiten. Entscheidend dabei: Der menschliche Aspekt darf nicht verloren gehen. Auch KI-basierte Empfehlungen müssen sich empathisch, respektvoll und situationsgerecht anfühlen – wie ein gut gemeinter Hinweis, nicht wie eine Verkaufsmasche. Dass das bereits gelingen kann, zeigt ein Zitat aus der Studie:
„Ich bin positiv überrascht von den Angeboten, die ich bekomme. Da steckt sicher KI dahinter. Ich bin offen für Neues – aber ich entscheide, was ich kaufe“, so eine 47-jährige Kundin.
Personalisierung ist eine Vertrauensfrage
Am Ende entscheidet Vertrauen darüber, ob Personalisierung funktioniert. Nur wer als Händler seinen Zielgruppen spürbaren Mehrwert bietet, erhält die Zugriffserlaubnis auf ihre Daten. Und nur wer mit diesen Daten verantwortungsvoll umgeht, gewinnt das Vertrauen, das Personalisierung überhaupt erst möglich macht. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, das richtige Maß zu finden: nicht aufdringlich, sondern hilfreich. Nicht generisch, sondern passgenau. Nicht laut, sondern relevant.
Für Gewinner im deutschen Einzelhandel heißt die entscheidende Kompetenz der Zukunft deshalb: zuhören, verstehen, kontextbezogen handeln – im richtigen Moment, auf dem richtigen Kanal.