Die lange Beziehung zwischen Sporthelden und Fans hat sich im letzten Jahrzehnt stark gewandelt und die Technologie – insbesondere Onlinevideo und YouTube – spielt dabei eine entscheidende Rolle, weil Fans und Klubs gleichermaßen Inhalte veröffentlichen. So lassen sich Idole von ihrer menschlichen Seite zeigen und Nischensportarten einer breiteren Masse präsentieren. Außerdem kann der Frauensport aus dem medialen Schatten treten und über bestimmte Themen wesentlich ausführlicher berichtet werden.
Viele moderne Helden kommen aus dem Sport – herausragende Persönlichkeiten, an die wir einfachen Sterblichen unsere Hoffnungen knüpfen und denen wir durch den Kauf von Tickets Tribut zollen. Sport ist der neue Olymp, auf dem die Titanen kämpfen und die Zuschauer in den Bann ziehen.
Diese lange Beziehung zwischen Helden und Fans hat sich im letzten Jahrzehnt jedoch stark gewandelt. Neue Technologien überbrücken die Kluft zwischen beiden Seiten, denn sie machen die Stars menschlicher und lassen auch Fans in die Rolle des Helden schlüpfen.
Ob Fußballweltmeisterschaft oder olympische Spiele: Wir erleben den Sport nicht mehr nur von der Tribüne aus, sondern können mittlerweile aus allen Blickwinkeln mitfiebern – und YouTube hat maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung.
Wir haben ein Team aus echten Kennern der Materie zusammengestellt – YouTubern, Markenmanagern bei legendären Klubs und Turnieren sowie Vordenkern im Bereich innovativer Sportinhalte –, um zu erörtern, wie die Plattform neue Impulse setzt.
1. Frauensport in den Vordergrund rücken
Der Frauensport fristet in den traditionellen Fernsehkanälen eher ein Schattendasein, aber dank YouTube kann er schon bald in einer höheren Liga spielen.
"Durch die Liveübertragung von Frauenfußball auf YouTube und die Möglichkeit, auf dieser Plattform Einblicke hinter die Kulissen zu gewähren und ausführlich über die führenden Frauenteams zu berichten, ist das Interesse am Profi-, Amateur- und partizipativen Frauenfußball enorm gestiegen", sagt Russell Stopford, Chief Digital Officer beim Fußballklub Paris Saint-Germain.
Die Statistik unterstützt die Behauptung Stopfords: Laut den Zahlen des Marktforschungsinstituts Nielsen haben sich im letzten Jahr 149,5 Millionen Zuschauer die Fußball-Europameisterschaft der Frauen (Juli/August 2017) angesehen1. Beim Damentennis wächst dank Onlinevideo die weltweite Fangemeinde: Die Highlights des Spiels zwischen Jelena Ostapenko und Simona Halep beim Turnier Roland Garros 2017 wurden im YouTube-Kanal über 771.000 Mal aufgerufen, ein Anstieg von 58 % im Vergleich zu ähnlichen attraktiven Spielen aus dem Vorjahr.2
2. Fans einen Blick in die Umkleidekabine werfen lassen
Die Unmittelbarkeit von Onlinevideo bietet Einblicke und Perspektiven in das Geschehen abseits der Scheinwerfer. Durch Bilder aus der Umkleidekabine und von anderen Nebenplätzen können wir Athleten auch außerhalb der Stadien, Wettkampfplätze und Spielfelder erleben.
Hier einige Beispiele, die deutlich zeigen, welcher Wandel sich gerade vorzieht: Der Mittelfeldspieler Radja Nainggolan von Inter Mailand demonstriert auf YouTube sein Geschick als Frisör, der Basketball-Superstar Kevin Durant verschafft Fans mit Livestreams aus seinem Zuhause persönliche Einblicke und ein Athlet hilft nun anderen Stars beim Aufbau eines eigenen YouTube-Kanals.
"Fans fordern uneingeschränkten Zugang zu Spielern, Talenten und Klubs", so James Kirkham, Head of Copa90, einem internationalen Unternehmen, das einen gleichnamigen YouTube-Kanal mit 1,5 Millionen Abonnenten betreibt und sich weltweit auf Fußballvereine und Fankultur spezialisiert hat. "Sportstars sind jetzt nicht mehr unerreichbare Idole, die man sich nur als Poster auf der Wand ins Haus holt. Heute will jeder Fan die berühmten Persönlichkeiten in 4-D erleben und in sozialen Medien mit ihnen interagieren."
"Unternehmen, die das verstehen, werden erfolgreich sein. Die anderen, die genauso weitermachen wie vor 30 Jahren, werden das Ziel verfehlen."
3. Sportklubs werden zu Publishern
Im Grunde sind Sportklubs nichts anderes als Marken, die – wie es ihre Gegenstücke aus vielen Branchen bereits gemacht haben – durch Videos ihre Identität stärken und Fans gezielt ansprechen.
Manchester City erreichte im letzten Jahr als erste Mannschaft der englischen Premier League eine Million YouTube-Abonnenten.3 Heute haben 57 Videos im Kanal die Marke von einer Million Aufrufe überschritten. Diese Zahlen belegen, dass der Klub seine Sache gut gemacht hat und mittlerweile ein eigenständiger Publisher ist, der ohne Umwege direkt mit den Fans interagieren kann.4 Diesen Trend kann man bei jeder Sportart beobachten.
"Die Möglichkeit, auf der größten Videosuchmaschine der Welt Inhalte zu veröffentlichen, hat eine enorme Bedeutung für die Zugänglichkeit des Sports", betont Alexandra Willis, Head of Communications für die vom AELTC (All England Lawn Tennis Club) veranstalteten Wimbledon Championships, einem Tennisturnier, das bereits seit 142 Jahren ausgetragen wird. "Auch der Ton hat sich gewandelt. Natürlich gibt es noch die traditionellen, durchdachten und analytischen Zusammenfassungen der Highlights, aber parallel dazu auch pfiffige Miniclips, Videos mit Patzern und Missgeschicken sowie Kurzinterviews."
4. Umfassendere Berichterstattung als je zuvor
Traditionelle Sportreportagen liefen immer nach dem gleichen Schema ab: Pressekonferenzen, Liveübertragungen und Ex-Profis, die auf dem Studiosofa ihre Meinung zum Besten geben. Durch Onlinevideo wurde dieses Format aus den Angeln gehoben, denn im Vordergrund stehen jetzt technische Analysen und Spielerpersönlichkeiten.
Im Fankanal Full Time Devils mit 436.000 Abonnenten dreht sich beispielsweise alles um Manchester United.5 Dort wird die Spieltaktik in einem Ausmaß erörtert, das in den herkömmlichen Sportmedien undenkbar wäre. So ist dort seit Kurzem ein 52-minütiges Video zu sehen, in dem Fans ausführlich darüber diskutieren, mit welcher Mannschaft Trainer José Mourinho antreten sollte.6
"Die Zielgruppe diktiert die Art von Inhalten, die sie auf YouTube sehen möchte", sagt Denis Crushell, EMEA VP bei Tubular Labs, einem Unternehmen, das Analysen für viele der wichtigsten Sportkanäle anbietet. "Wir beobachten viel Experimentierfreude und Kreativität bei der Behandlung von Themen wie Fußball. Dabei spielt Humor eine wichtige Rolle und auch lange, ungezwungene Gespräche kommen gut an. Gleichzeitig nehmen aber auch professionelle Inhalte zu, in denen die Anliegen der Fans in einem eindringlichen, dokumentarischen Stil untersucht werden."
5. Inhalte von Fans für Fans bereitstellen
Fans haben sich schon immer lautstark geäußert, sei es auf den Tribünen oder bei Telefonaktionen in einer Radiosendung – aber nichts ist vergleichbar mit dem Einfluss und der Macht, die sie heute haben, insbesondere durch soziale Kanäle und Onlinevideo.
"Es ist wirklich spannend, dass Fans sich über Videoplattformen Gehör verschaffen können – und das kostenlos oder mit geringem Budget", sagt Michael Butler von The Guardian Sport. "Ein auf YouTube hochgeladener Fangesang kann schon in der Woche darauf im Stadion erklingen, so wie dies beim Mo-Salah-Song der Fall war, der schnell zum Hit wurde." (Das Video stammt von einem irischen Komiker und Liverpool-Fan und wurde über 2,7 Millionen Mal aufgerufen.)7
Denis Crushell von Tubular Labs sieht das genauso: "Erfolgreiche Fankanäle wie Arsenal Fan TV, True Geordie oder Full Time Devils sind nicht nur auf YouTube erfolgreich, sondern auch wichtige Influencer im Spielbetrieb und in den Medien. Sie erzielen zum Teil über 20 Millionen Aufrufe pro Monat und bei den meisten Inhalten handelt es sich um Interviews, die Fans mit Fans führen."
6. Fans Kontrolle über die angesehenen Inhalte geben
In den letzten Jahren hat sich ein radikaler Wandel vollzogen. Die Fans tauschen sich Immer mehr in den sozialen Netzwerken aus und konsumieren Sport vielfältiger und interaktiver als bisher.
In einer aufschlussreichen Studie von Google und Ipsos Connect gaben 80 % der Sportfans an, dass sie ihren Computer oder ihr Smartphone nutzen, während sie Liveübertragungen von Sportveranstaltungen im Fernsehen verfolgen. Sie suchen z. B. nach Spielerstatistiken, schreiben anderen Fans oder sehen sich Videos an.8
"Sportfans möchten immer in den Dialog einbezogen werden", sagt Jeff Nathenson, International Managing Director bei Whistle Sports, einem Mediennetzwerk, das weltweit Sportinhalte erstellt und vertreibt.
Früher musste man auf die Sportberichte der traditionellen Fernsehsender warten. Dank sozialer Plattformen wie YouTube reicht heute ein Griff zum Smartphone, um sich sofort über das Geschehen in der Lieblingssportart zu informieren, mit der Mannschaft oder bestimmten Spielern in Kontakt zu treten oder zu interagieren und so kreativ zum Dialog beizutragen."
7. Alle Sportarten haben die gleichen Chancen
In einem Umfeld, in dem aktive und engagierte Fans selbst bestimmen, was sie sehen, erreichen selbst vermeintliche Randsportarten über YouTube ein riesiges Publikum.
Fallstudie: Als The Lacrosse Network 2014 von Whistle Sports übernommen wurde, hatte das Netzwerk nur 2.000 Abonnenten. Mittlerweile hat sich diese Zahl durch eine erfolgreiche Kombination aus sportlichen Highlights, lustigen Sketchen und unübertroffenem Zugang zu Spielern auf 141.000 erhöht.9
"Über YouTube und ähnliche Plattformen kann sich jeder Gehör verschaffen. Das ist ein sagenhafter Vorteil. Keine Gruppe ist zu klein. Die Bedingungen sind für alle gleich und jeder hat dieselben Erfolgschancen", sagt Jeff Nathenson von Whistle Sports. "Aufgrund der Beschaffenheit der Plattform ist das Entdecken und Finden besonderer Inhalte abseits vom Mainstream Teil des Vergnügens."
8. Zur Teilnahme inspirieren
Indem YouTube-Fans zu mehr Aktivität, zum Bilden von unterstützenden Communities und zum Aufspüren und Entwickeln neuer Fertigkeiten ermuntert werden, wird die Plattform praktisch zu einem Sprungbrett für künftige Athleten weltweit.
Bei den olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang schaffte es Adam "AJ" Edelman in das israelische Team, obwohl er die Sportart Skeleton erst seit vier Jahren ausübte. Er hatte keinen Trainer, sondern sah sich stattdessen stundenlang YouTube-Videos an, um sich die notwendigen Fähigkeiten anzueignen.10
Das ist ein Vorteil, der den größten Sportmarken weltweit nicht verborgen geblieben ist.
"Im Rahmen unserer Strategie möchten wir mehr Nutzer dazu motivieren, sich Hockeyspiele anzusehen und sich für die Sportart zu interessieren", erläutert Chris Neilson vom Welthockeyverband. "YouTube hat uns nicht nur die Möglichkeit gegeben, dieses Ziel zu verfolgen und neue Fans zu gewinnen, sondern wir können dort auch auf Basisebene über das Spiel berichten, um ein weltweites Publikum für den Hockeysport zu begeistern und die nächste Generation von Fans und Spielern zu inspirieren."
Diese Gespräche zeigen, dass sich bei der Sportberichterstattung große Veränderungen vollziehen, die den Fans einen besseren Zugang zu den Stars und Vereinen und mehr Möglichkeiten zur Interaktion bieten. Diese Vorteile beruhen auf der einzigartigen Beziehung, die Videos zwischen dem Publisher und dem Zuschauer schaffen. Einmalig ist auch das aktive, engagierte Publikum, für das YouTube das allererste Ziel ist, wenn es um Sportinhalte geht. Da Helden und Fans immer enger zusammenrücken, scheint es, als ob es für beide nur eine Richtung gibt: hinauf auf den Olymp. Lasst die Spiele beginnen!