Das wichtigste Werbefestival der Welt, die Cannes Lions, zeigt in diesem Jahr eine Branche im Wandel: Die Digitalkategorie "Cyber Lions" verschwindet, in welchem Umfang der multinationale Werbedienstleister Publicis Groupe nun vielleicht doch am Festival teilnimmt, ist noch unklar und das Angebot der Kooperationen von Kreativität und Technologie an der Croisette weitet sich aus.
Am 18. Juni beginnen an der schönen Côte d'Azur wieder die Cannes Lions ‒ "The 65th International Festival Of Creativity". Der Gewinn eines Grand Prix, goldenen, silbernen oder bronzenen Löwen gilt in der Kommunikationsbranche als Äquivalent zum "Academy Award", dem Oscar. Kreative und Agenturen, die Löwen in Cannes gewonnen haben, erhöhen damit signifikant ihren Wert auf dem Agenturmarkt.
Die jährliche Rückbesinnung auf Kreativität als Kern der Kreativagentur-Branche ist wichtig. Im letzten Jahr besuchten wieder bedeutende Branchenvertreter die Croisette, darunter Größen wie Maurice Lévy (Chairman of the Supervisory Board, Publicis Groupe), Ron Howard (Regisseur) und Karlie Kloss (Model). Cannes ist auch die Selbstbestätigung einer Branche, welche in den letzten Jahren nicht mit vielen positiven Meldungen aufgefallen ist: Sinkende Margen, Talent-Drain, Fragmentierung von Etatvergaben ‒ und jetzt steht möglicherweise auch der Umbau größerer Holdings zur Debatte… Zudem beklagen viele Branchenveteranen, das Festival sei zu einer Verkausfsshow globaler Tech Companies wie Facebook, Google und Microsoft geworden.
Ich selbst bin seit 2006 regelmäßig auf dem Festival, erst für Saatchi & Saatchi, später Ogilvy und seit 2014 für das Creative Agency Team von Google Germany. Ja, das Festival hat einen Wandel vollzogen: Spätestens Ende der 90er, zu Beginn der Digitalisierung der Kommunikationsbranche, wurde aus dem ursprünglichen Werbefilmfestival ein Festival sämtlicher Kanäle. Der Fokus auf Digital wuchs und wuchs, zum Ausdruck gebracht durch die Kategorie "Cyber Lions". Im letzten Jahr gewann z. B. Meet Graham den Grand Prix Health & Wellness und den Grand Prix Cyber ‒ ein Beispiel dafür, wie Daten die Grundlage einer erfolgreichen, kreativen Konzeption sein können. Mit Hilfe wissenschaftlicher Daten wird die Frage beantwortet, wie der menschliche Körper beschaffen sein muss, damit er einen Autounfall unversehrt übersteht. Die australische Kampagne der Transport Accident Commission macht so auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam. Auf der Homepage kann man Graham näher kennenlernen und ihn auch in 360° anschauen.
In diesem Jahr finden erstmals die "Cyber Lions" nicht mehr statt ‒ ein klares Eingeständnis dafür, dass Kommunikation spätestens jetzt, im Jahr 2018, auch immer irgendwie digital ist.
Ogilvy’s Global Chief Creative Officer, Tham Khai Meng, fasst den Wandel so zusammen:
It's clear we are going to be spending less and less time in the analogue universe and more in the digital one. In fact, using the word 'digital' already makes you sound like a Luddite. Brands will need to get into this brave new world. And it will be our role to act as pathfinders, armed with our dogma-busting ray guns.
Ganz in der Tradition von David Ogilvy, weist einer der weltweit am häufigsten ausgezeichneten Kreativen zurecht auf die Notwendigkeit hin, dass funktionierende Markenkommunikation da stattfinden muss, wo die Aufmerksamkeit ihrer Kunden ist. Torrence Boone, Google’s VP Global Agency Sales and Brand Services, fügt in seinem aktuellen Blog-Beitrag hinzu, digitale Kommunikation müsse noch "härter arbeiten", um die Augen der Konsumenten zu gewinnen.
Für die Creative Agency Teams von Google liegt in der Kooperation von Kreativität und Technologie der Schlüssel für erfolgreiche Markenkommunikation: Das oft beschriebene Missverständnis, Technologie könne Kreativität in ihrer Bedeutung den Rang ablaufen, sehen wir nirgends bestätigt. Im Gegenteil: So wichtig digitale Kommunikation geworden ist ‒ wenn sie nicht kreativ und relevant ist, werden mehr Adblocker installiert oder "opt-outs" aktiviert.
Steve Jobs hat einmal über Kreative gesagt:
Creativity is just connecting things. When you ask creative people how they did something, they feel a little guilty because they didn't really do it, they just saw something. It seemed obvious to them after a while. That's because they were able to connect experiences they've had and synthesize new things.
Und so bieten wir auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Möglichkeiten für einen Austausch in Cannes: Der wichtigste Treffpunkt ist natürlich der Google Beach, zu dem jeder mittels Abgabe einer Visitenkarte Zutritt hat und der zahlreiche Veranstaltungen bietet, über die man sich auf Welcome to Google in Cannes informieren kann.
YouTube ist und bleibt für die Zusammenarbeit mit Kreativen unsere wichtigste Plattform ‒ und in diesem Jahr freuen wir uns daher sehr, dass erstmals YouTubes CEO Susan Wojcicki auf dem Festival auftreten wird.
Darüber hinaus liegt der Fokus von Google wie in jedem Jahr auf Treffen mit unseren Kreativpartnern im kleineren Kreis. Wir nutzen die Woche, um mit Agenturen und Kunden auf internationaler Ebene über gemeinsame Projekte zu sprechen. Auch, wenn man es kaum glauben mag: Jenseits der Parties, Drinks und Ausgelassenheit sind die Cannes Lions die Geburtsstätte vieler erfolgreicher Kommunikationsmaßnahmen, die dann hoffentlich ein Jahr später einen der begehrten Löwen bekommen.