Daten helfen dabei, auf den Nutzer zugeschnittene Werbung zu kreieren. Verschiedene Vertreter der Kreativbranche haben im Rahmen des ADC-Festivals ihre Erfahrungen geteilt und unterstreichen das große Potential für die Werbung.
"Fütter deine Kreativität" hieß es beim diesjährigen Art Directors Club Festival. Führende Kreativköpfe kamen zusammen, um die Game Changer von morgen in Technologie, Kreation und Content zu identifizieren. Ein unverkennbarer Trend, auf den die Werbebranche reagieren muss: Data Driven Creativity.
Das heutige Nutzerverhalten stellt Werbetreibende vor neue Herausforderungen. User sind anspruchsvoll und entscheiden in Sekundenschnelle, was ihnen gefällt und was nicht. Um zu begeistern, müssen Online-Werbeformate personalisierter und relevanter werden. Datensätze ermöglichen die passgenaue Ansprache durch ein besseres Verständnis der Zielgruppen.
Mit Daten offener und kreativer umzugehen und so neue Wege zu erschließen, erfordert von Anfang an, ganz andere Fragen zu stellen. Das ist ein Umgewöhnungsprozess in unserer Branche. Durch ihn entstehen innovative Ideen, die auch unser ursprüngliches Briefing neu gechallenged haben.
- Thorsten Mühl, Walt Disney DACH, Director Digital Marketing, Social Media & CRM
Konkret: Wie unterstützen Daten den Kreativprozess?
Data Driven Creativity bietet der Werbeindustrie enormen Mehrwert ‒ und das an jedem Punkt. Das bestätigt auch Burkhard Müller, Executive Creative Director bei deepblue networks: "Daten können den gesamten Prozess vom Briefing, über die Umsetzung bis hin zur Inszenierung bereichern. Besonders hilfreich sind Daten in der Konzeption einer Kampagne, um Trends und Zusammenhänge aufzudecken, an die man noch gar nicht gedacht hat. Darin steckt großes Potential, um ganz neue Sprungbretter für kreative Konzepte zu entwickeln, die den Nerv der Konsumenten auf überraschende Weise treffen."
Laut Burkhard Müller ersetzen Daten die kreative Leistung nicht, optimieren sie aber. Aktuell werden Daten in der Branche vor allem für genaueres Targeting von Ads genutzt. "Durch Targeting und Testing erhält man das effektivste Werbemittel, aber nicht unbedingt das kreativste. Die Branche gewinnt am meisten, indem sie lernt, Daten intelligent und sinnvoll, im Sinne der Verbraucher einzusetzen." Zum Beispiel lässt sich mit Google Trends aufdecken, welche Themen relevant sind, und mit automatisierten Tests erkennen, welche Ads am häufigsten geklickt werden. Werbetreibende gewinnen aus diesen Datensätzen Insights ‒ und lernen, welche Inhalte und welche Designs funktionieren.
Billy Corbyn, Creative Director des Unskippable Labs bei Google, stellte auf dem ADC-Festival Beispiele vor, die Zuschauer besonders begeistern konnten. Ihr Geheimnis: Dank Data Driven Creativity gestalteten sie relevante, emotionale und auf den Nutzer zugeschnittene Werbung.
Beispiel Audi: Was ist die optimale Länge eines Werbespots?
Digital gilt, kurz ist besser ‒ oder? Mit Hilfe von Daten fand Audi heraus, welches Werbeformat bei seiner Zielgruppe am besten ankam. Die Überraschung: Der 60-sekündige Werbeclip übertraf den 30-Sekünder. Zuschauer entschieden sich bewusst dafür, länger mit der Marke zu interagieren. Automatisierte Tests helfen bei der Entscheidung zwischen einer langsam oder schnell erzählten Geschichte.
Beispiel Netflix: Ausgeklügeltes Storytelling zieht Zuschauer in den Bann
Geschichten können mit agilen Formaten auf verschiedene Art und Weise inszeniert werden: Sei es durch sechssekündige Bumper Ads oder längere TrueView-Formate, bei denen Zuschauer die Anzeigen nach fünf Sekunden überspringen können. Hier entscheidet sich das Publikum bewusst für oder gegen ein Werbevideo. Durch direktes Feedback lernen Kreative aus erster Hand, was bei ihren Zuschauern gut ankommt und was nicht.
Um für seine Serie "The Sinner" zu werben, setzte Netflix auf eine sequenzielle Dramaturgie und nutzte auf YouTube verschiedene Werbeformate: Während zwei Bumper Ads erste Aufmerksamkeit beim Publikum weckten, festigte ein längerer Haupttrailer das Interesse. Zuschauer, die auch nach 29 Sekunden den Haupttrailer nicht übersprangen, signalisierten Interesse an "The Sinner" und wurden dafür mit einer Schlüsselszene belohnt. Mit dieser Strategie gewann Netflix die Begeisterung der Zuschauer.
Kreation braucht Freiraum: Innovative Werbeformate unterstützen spannendes Storytelling und geben Kreativen die Möglichkeit, Verschiedenes auszutesten und zu experimentieren. Gleichzeitig machen Daten den Erfolg einzelner Inhalte messbar.
- Billy Corbyn, Creative Director des Unskippable Labs bei Google
Fazit
Wer denkt, Daten und Kreation passen nicht zusammen, liegt falsch. Die Werbebranche sieht sich neuen Herausforderungen ausgesetzt, die es zu meistern gilt. Ein Hilfsmittel: der Einsatz von Daten. Es geht dabei vor allem darum, die Daten richtig zu verstehen, so die Zielgruppe besser zu kennenzulernen und ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Experimente mit Inhalten und Formaten führen zu besseren Kreationen, denn dank Daten wissen Kreative, was gut ankommt. Data Driven Creativity ist die Zukunft!
Das Erforschen von Daten und Verhaltensweisen ist zugleich die größte Herausforderung und Chance für erfolgreiche Marken – und auch für Kreationen der Zukunft.
- Melinda Greenacre, Senior Digital Strategist, Zalando SE